Co-spüre mit radikaler Zärtlichkeit... und beende die Angst vor der Angst, vor Unsicherheit und vor Leere.
Aus „Co-sensing with radical tenderness“ vom Gesturing Towards Decolonial Futures-Kollektiv |
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Hallo!
Das Jahr 2024 rast vorbei und war voller eindrücklicher und in meinem Leben auch vieler schöner Momente: meine Radtour an der Ostsee ohne Handy oder der Besuch auf der at.tension. Manche waren sehr traurig, wie der unerwartete Tod unseres Mitbewohners und langjährigen Gärtners Uga Wolf.
Und es bringt immer weitere erwartbare aber deshalb nicht weniger erschütternde Ereignisse mit sich, wie die Wahlergebnisse auf kommunaler und Landesebene in Deutschland. Gleichzeitig sind wir weiterhin in Salzwedel aktiv und waren am 7. Juni auf der Demo "Rechtsextremismus stoppen" gut 200 Menschen. Und beim antirassistischen Straßenfest am 21. September haben so viele und so unterschiedliche Leute teilgenommen wie noch nie. Das bestärkt.
Doch die Frage „Was nun? Was tun?“ drängt und treibt besonders in Ostdeutschland Betroffene von rechter Gewalt um. Betroffen sind einerseits Menschen, die als nicht-deutsch gelesen werden, die körperlich eingeschränkt oder jüdisch oder homosexuell oder transgender sind. Also ziemlich viele Leute. Und andererseits diejenigen, die sich für eine solidarische, vielfältige Gesellschaft einsetzen und sich dabei offen gegen Rechtsextremismus positionieren. Auch nicht wenige. Viele dieser Menschen bewegt die Frage: Kann ich in meinem Zuhause bleiben, ist es noch sicher (genug) für mich und die Menschen, die mir nahe stehen? Und wenn nein: wo können wir leben!?
Bei der Jahrestagung der KURVE Wustrow e.V. geht es darum, was wir für den gesellschaftlichen Zusammenhalt tun können. Auch die anderen Veranstaltungen, Bücher und Podcast, die ich vorstelle, beschäftigen sich damit, wie wir uns solidarisch Rechtsextremismus und anderen Krisen entgegenstellen können.
Ich wünsche dir eine bestärkende Lektüre und freue mich auf den nächsten Kontakt.
Mit herzlichen Grüßen.
Joel
P.S.: Hast du Rückmeldungen und Resonanzen zum Newsletter? Schreib mir gern! |
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Wirksam werden, sein und bleiben - kommende Seminare |
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Welche Fähigkeiten unterstützen uns in diesen Zeiten? Darüber bin ich mit Kolleg*innen in intensivem Austausch. Ein Verständnis von Stressreaktionsmustern und Selbstregulation ist hilfreich. Das Wissen um Methoden und Ansätze, wie wir uns organisieren und miteinander Projekte gestalten können, zählen wir dazu. Und wir sind davon überzeugt, dass ein konstruktiver Umgang mit Konflikten zu diesen Fähigkeiten gehört – auch wenn Konflikte viele Menschen erschrecken und sie versuchen, Konflikte zu vermeiden. Wir sagen: traut euch, sie zu bearbeiten, es lohnt sich.
Im Seminar Konflikte bewegen - konstruktiv in Kontakt vom 18.-20.10.2024 beleuchten Jana Light und ich, was Konflikte ausmacht, wie sie auf unser Nervensystem wirken und welchen Einfluss Macht und Rang auf die Dynamik von Konflikten haben. Wenn wir dies besser verstehen, erweitert sich unser Spielraum für die Bearbeitung von Konflikten und es fällt uns leichter, zu deeskalieren. Bist du dabei?
In einem früheren Newsletter habe ich das Buch meiner Kollegin Eva Stützel aus Sieben Linden vorgestellt, die mit dem „Gemeinschaftskompass“ einen Rahmen für Zusammenarbeit in Gemeinschaftsgründungsgruppen oder Teams anbietet. Dieser Ansatz kann dazu beitragen, Konflikte zu vermeiden oder frühzeitig zu thematisieren. Wenn du dich mit dem Ansatz schon beschäftigt hast und Gruppenprozesse begleitest, ist ihr kommendes Intensivseminar das Richtige für dich: im Gemeinschaftskompass Intensiv vom 27.10.-1.11.2024 werden Methoden vertieft, mit denen der Gemeinschaftskompass in Gruppen eingesetzt werden kann. Einen Tag lang geht es auch um das heiße Eisen "Rang und Macht" – ein Thema, das Gruppen ungern aktiv besprechen, das aber eine zentrale Rolle in ihrer Zusammenarbeit spielt. |
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Politik und gesellschaftlicher Zusammenhalt – was tun? |
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Hörbarer Widerspruch gegen Entmenschlichung und rechte Gewalt ist so nötig wie immer. Oder wie noch nie? Betroffene brauchen es, gesehen und wahrgenommen zu werden und sich unterstützt zu fühlen: sie brauchen diejenigen, die bisher wenig von rechter Gewalt merken an ihrer Seite. Werden wir in der Lage sein zu zeigen „Wir sind mehr – Nie wieder ist jetzt.“ und rechten Kräften weder Strukturen wie Posten in Vereinen noch Räume wie öffentliche Plätze zu überlassen? Und wie stellen wir uns Ulrich Siegmund (AfD, MdL in Sachsen-Anhalt) entgegen, der dazu auffordert, "ausländische Restaurants" unter Druck zu setzen, damit Sachsen-Anhalt möglichst unattraktiv ist für Menschen, die nicht seinen Vorstellungen von „deutsch sein“ entsprechen?
Die KURVE Wustrow – Bildungs- und Begegnungsstätte für gewaltfreie Aktion e.V. führt jedes Jahr eine Jahrestagung durch. Am 22.11.2024 geht es mit Impulsvorträgen und in Kleingruppenarbeit um „Gesellschaftlichen Zusammenhalt gestalten“. Ich moderiere den Tag und freue mich, wenn du teilnimmst. Weitere Informationen sind zeitnah hier zu finden: https://www.kurvewustrow.org/termin/kurve-wustrow-jahrestagung-2024
Und übrigens: Das Netzwerk Polylux ist eine Initiative gegen den Rechtsruck im Osten und fördert Projekte in Ostdeutschland. Es ist ein Netzwerk, das vielen Gruppen die Hoffnung und Unterstützung gibt, die sie dringend brauchen. Diese Arbeit kannst du mit einer Fördermitgliedschaft unterstützen, hier findest du alle Informationen dazu: https://www.polylux.network/fordermitgliedschaft/. |
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Angesichts der politischen Lage beschäftigt mich, wie wir gemeinsam durch diese Zeit kommen können. Solidarität ist spätestens seit der Corona-Zeit ein viel benutztes aber wenig gefülltes Wort.
Das Buch „Solidarisch füreinander sorgen – Ein Leitfaden für diese Krise und die nächste“ hat Dean Spade schon zu Beginn der Corona-Krise geschrieben. „Solidarische Fürsorge“ beleuchtet die Frage nach der Sorge für die überlebensnotwendigen Bedürfnisse von Menschen und die gesellschaftlichen Verhältnisse, die diese Sorge verhindern. Es stellt die Unterschiede zwischen solidarischer Fürsorge und Wohltätigkeit heraus. Ausgehend von diesem gemeinsamen Verständnis geht es darum, gemeinsam aktiv zu werden und konstruktiv zu handeln – bei allen Unterschieden. Wie können wir mit allen Menschen wirkliche Teilhabe leben, nicht nur mit denen, die sowieso schon aktiv sind und sich mit Basisdemokratie auskennen?
Das Buch beschreibt, wie wir gemeinsam dazu beitragen, dass keine*r einen Burnout erleidet, wie wir mit Konflikten umgehen und wie wir in diesen Zeiten multipler Krisen füreinander einstehen und da sein können. Es macht Mut und fördert Zuversicht, dass wir gemeinsam eine andere Welt erschaffen können – in Krisen und danach.
Der Originaltitel des Buches ist „Mutual Aid“, der Verlag „w_orten & meer“ hat es ins Deutsche übertragen. Ich bin dankbar für die Arbeit dieses kleinen umtriebigen Verlags, der viele wichtige Bücher rund um Themen gesellschaftlicher Transformation übersetzt! |
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Ich höre in erster Linie politische Podcasts – zur Zeit den Dissens-Podcast von Lukas Ondreka.
In wenigen Tagen jährt sich das Massaker der Hamas in Israel und während ich schreibe feuert der Iran Raketen auf Israel und Israel fliegt Luftangriffe auf den Libanon. Im Dissens-Podcast gibt es verschiedene Folgen zu diesem polarisierenden Konflikt und seinen Hintergründen. Die aktuelle Folge vom 2. Oktober #276 Ein Jahr danach: Der 7. Oktober, der Krieg in Gaza und die Folgen in Deutschland mit Furkan Yüksel und Samuel Stern von der Bildungsstätte Anne Frank beleuchtet die Situation und ihre Entwicklung aus einer transnationalen Perspektive und ist definitiv hörenswert.
Ich möchte noch zwei weitere Folgen hervorheben, weil sie die politische Situation in Deutschland und die Landtagswahlen im September beleuchten.
In Folge #272 Wahlerfolg der AfD: "Den Ernst der Lage nicht erkannt" vom 4. September sind sich Felix Steiner vom thüringischen Demokratieprojekt MOBIT und Rechtsextremismusforscher Fabian Virchow einig, dass das Erstarken rechtsextremer Parteien und Strukturen nicht ausschließlich aus der Zivilgesellschaft heraus verändert werden kann – das jetzt doch angestrebte AfD-Verbotsverfahren ist vielleicht ein Hinweis darauf, dass dies inzwischen auch in der Politik angekommen ist. Das Gespräch dreht sich um die Lage der Engagierten vor Ort, das Versagen der politischen Mitte im Kampf gegen Rechtsextremismus und um antifaschistische Perspektiven.
Dissens Podcast beherbergt unter seinen Dach auch den „Was tun“-Podcast. Darin spricht Arne Semsrott im Juli unter dem Titel "Machtübernahme": Was tun, wenn die AfD regiert? über Widerstand gegen Faschisten an der Macht. Die Folge macht Lust auf das gleichnamige Buch, das zeigt, wie Gewerkschaften, Beamte, Justiz, Medien, Unternehmen und die Zivilgesellschaft einer rechten Machtübernahme begegnen können. |
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PermaVision
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